Autor
Daniel Mellem
Hermann Oberth war der erste, der in Verbindung mit dem Gedanken einer wirklichen Weltraumfahrt zum Rechenschieber griff und zahlenmäßig durchgearbeitete Konzepte und Konstruktionsentwürfe vorlegte. Ich selbst verdanke ihm nicht nur den Leitstern meines Lebens, sondern darüber hinaus meine erste Berührung mit den theoretischen und praktischen Seiten der Raketentechnik und Raumfahrt. Seinen richtungsweisenden Beiträgen auf dem Gebiet der Astronautik gebührt ein Ehrenplatz in der Geschichte der Wissenschaft und Technik.
Zitat: Wernher von Braun
Quelle: foerderverein-peenemuende
Inhalt
Der Roman beginnt im Jahr 1899 in Schäßburg, Siebenbürgen, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte. Hermann Oberth ist noch ein Kind und geht dort zur Schule. Sein Vater, „Direktor des Spitals“ (S.9) sieht in seinem ältesten Sohn seinen Nachfolger. Doch Hermann beschäftigt sich lieber mit Jules Verne und seinem Roman "Reise um den Mond". Schon recht früh begeistert er sich für das Weltall und träumt davon, einmal zum Mond fliegen zu können.
Sein Vater schenkte ihm ein Teleskop und als er zum ersten Mal Details des Mondes entdeckt wird sein Lebenswunsch geweckt zum Mond zu fahren. „»Kann man da hinfahren?«“ (S.17)
Seine Mutter schenkte ihm Jules Vernes „Reise um den Mond“, versteht aber bald die Gedanken des eigenen Sohnes nicht mehr. Sehr schnell macht dieser sich daran, über den Bau einer Weltraumrakete nachzudenken. Er entdeckt in dem Roman von Jules Vernes, dass der Visionär sich verrechnet haben muss. Durch Zufall findet er bei einer Fahrt im Ruderboot die Lösung, nachdem das Boot in ein Unwetter geriet.
„Er wusste nun, was, die Lösung für Vernes Fehler war.“ (S.27)
Hermann nimmt seine Idee eine Reise zum Mond ernst und steckt Misserfolge weg. Der erste Raketenstart auf dem Friedhof, moderiert von seinem kleinen Bruder, wird zu einem Desaster, als seine Rakete auf dem Friedhof explodierte und nur das zerbrochene Skelett übrigblieb.
Die Idee einer Reise zum Mond bleibt tief in der Fantasie von Herbert Oberth verankert.
Nach der Schule lernt Hermann Tilla kennen. Sie heiraten im letzten Kriegssommer. Tilla versucht einen gemeinsamen Alltag als Familie zu ermöglichen und wird jahrzehntelang auf ihn warten und trotzdem immer für die vier Kinder und auch für ihn da sein.
Oberth studiert zunächst in Klausenburg Physik. Als die Donaumonarchie endet und die Stadt rumänisch wird, zieht er 1920 in die Universitätsstadt Göttingen, um dort Physik weiter zu studieren und seine Dissertation über Weltraumraketen zu schreiben. Doch die Professoren weisen seine Arbeit ab. Der Wechsel an die Universität Heidelberg verhilft ihm nur zu einer Empfehlung für Verlage zur Veröffentlichung seiner Gedanken. Er finanziert sein Projekt durch die Ersparnisse von Tilla und 1923 erscheint endlich sein Werk „Die Rakete zu den Planetenräumen“ und wird zu einem Erfolg. Bis zur Verwirklichung seines Lebenstraumes ist es aber noch ein langer Weg.
Hermann Oberth wird von Fritz Lang zu den UFA-Filmstudios für den Film „Frau im Mond“ als Experte nach Berlin geholt. Er soll mit seinen Kenntnissen helfen den Film technisch zu unterstützen. Doch seine Ideen werden nur ansatzweise umgesetzt. In Berlin lernt er Wernher von Braun kennen, der als Assistent an seine Seite tritt. Mit Brauns Verbindungen und seinem Talent im Reden weckt Hermanns Projekt Interesse.
Als die Russen um Oberth und seine Kenntnisse werben, lehnt er deren Angebot ab und bietet seine Rakete dem Nazi-Regime an. Er ist blind vor der Gefährlichkeit seiner Waffe, nur um seine Idee verwirklicht zu sehen. Und Hermann Oberth verrät seinen Traum: Er gibt den Nazis seine Idee eine Rakete für die Raumfahrt als Kriegswaffe an die Hand, die die Grundlagen der Raumfahrttechnik auf schreckliche Weise missbrauchen.
„»Ich will die Gefahr aufzeigen. Für uns Deutsche! Das einzige Mittel, sich gegen die Rakete zu verteidigen, ist, die Rakete selbst zu besitzen.«“ (S.170.
1941 holt Wernher von Braun ihn nach Peenemünde und er wirkt am Bau der Vergeltungswaffe V2 mit. Dabei bleiben ihm die vielen Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge nicht verborgen, die dort eingesetzt werden. Wernher von Braun hatte ihn mittlerweile überholt auch das nagte an ihm, da er überzeugt war, selbst alles besser zu wissen. Im Krieg verlor er zwei seiner vier Kinder. Dieser Verlust traf ihn hart.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Traum von der Raumfahrt Wirklichkeit. Wernher von Braun holte ihn nach Amerika und Hermann Oberth bekam seine späte Anerkennung.
Sprache und Stil
Sehr gelungen wirkt die Kapitelnummerierung. Oberths gesamtes Leben wird in elf Kapiteln, wie bei einem Countdown von Zehn bis Null, rückwärts gezählt. Die Sprache ist unspektakulär, nüchtern, die Sätze sind kurz. Die physikalische und mathematische Thematik wird präzise beschrieben und die physikalischen und technischen Erklärungen werden dadurch fachlich verständlich. Man merkt besonders an diesen Stellen, dass ein Physiker den Roman verfasst hat.
Der Aufbau des Romans ist chronologisch aufgebaut beginnend mit der Kindheit und Jugend von Hermann Oberth bis in sein hohes Alter.
Fazit
Oberths Leben war voller Sehnsüchte und voller Verfehlungen. Dieser Mensch war nirgendwohin entglitten, in kein Morgen, keine Zukunft, keine ferne Galaxie – er hatte mit beiden Beinen in einer Welt gestanden, in der Nationalismen und Ressentiments herrschten. Als Siebenbürger Sache hatte er um seine Identität als Deutscher gerungen, er hatte mit den Nazis sympathisiert, hatte sich auch antisemitisch geäußert ja, er hatte sogar Hitler persönlich seine Rakete als Waffe angeboten. Seine Idee war nicht einfach missbraucht worden – er selbst hatte sie missbraucht. (Nachwort, S. 285)
Dieser Absatz im Nachwort trifft den Kern des Romans genau. Der Roman beschreibt sein egoistisches Leben, Denken und Arbeiten und auch seinen Wusch in Deutschland als deutscher angesehen zu werden sehr intensiv. Angetrieben von seinem Forschungsdrang und seinen Visionen ließ er sich im nationalsozialistischen Krieg von Hitler-Deutschland missbrauchen. Doch das wird von Mellem kaum hinterfragt. Schaut man auf seine Biografie, stellt man fest, dass er eine Mitgliedschaft in der NPD von 1965-1967 hatte.
Seinen letzten großen Moment erlebt er mit Tilla in Cape Canaveral 1969, als Apollo 11 in einer Saturn V Rakete zum ersten Mondflug startet.
Meine Empfehlung: 4/5 Punkten
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