Annette Seemanns "Die Töchter des Zauberers": Erika, Monika und Elisabeth Mann ist eine facettenreiche Biografie, die das Leben der drei Töchter von Thomas Mann eindrucksvoll darstellt. Die Autorin schildert ihre persönlichen und beruflichen Wege sowie die Herausforderungen, die sie im Schatten ihres berühmten Vaters meistern mussten.
Erika Mann, die älteste Tochter, war eine vielseitige und öffentlich engagierte Kritikerin des Nationalsozialismus. Als Kabarettistin und Kriegsreporterin spielte sie eine bedeutende Rolle in der politischen Landschaft ihrer Zeit und war ihrem Vater besonders nahestehend. Monika Mann, die zweite Tochter, suchte als Pianistin und Autorin künstlerische Anerkennung, blieb jedoch oft im Schatten ihrer Familie. Im Gegensatz dazu war die jüngste Schwester, Elisabeth Mann, eine angesehene Ozeanografin und Schriftstellerin, die sich durch ihr wissenschaftliches und humanistisches Engagement auszeichnete und ein selbstbestimmtes Leben führte.
Erika Mann hatte einen entscheidenden Einfluss auf das Leben ihres Vaters, Thomas Mann. Sie unterstützte ihn nicht nur emotional, sondern beeinflusste auch seine Entscheidungen, insbesondere während der turbulenten Zeiten des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit in Deutschland. Ihr Rat reflektierte ihr Verständnis für die öffentliche Wahrnehmung ihres Vaters und ihre Fähigkeit, kluge und vorausschauende Entscheidungen zu treffen, um seine Sicherheit und Reputation zu schützen. Ihre enge Bindung zu Thomas Mann und ihr politisches Gespür machten sie zu einer Schlüsselperson in seinem Leben und in der Geschichte der Mann-Familie.
Im Jahr 1939 heiratete Monika Mann in London den ungarischen Kunsthistoriker Jenö Lányi, was die Familie erfreute. Doch wenig später erlebte sie eine Tragödie: Das Schiff, mit dem sie nach Kanada fliehen wollten, wurde von einem deutschen U-Boot torpediert, und Jenö ertrank vor Monikas Augen.
Ende Oktober 1940 kam sie in New York an, wo sie zwölf Jahre in ihrem amerikanischen Exil verbringen sollte. Geplagt von den Erinnerungen an die Schiffskatastrophe, die sie „viele Jahre, Tag und Nacht“ nicht losließ, war ihr Emigrantenleben in den USA nicht einfach. Aufgrund von Differenzen mit ihrer Familie wechselte sie häufig den Wohnsitz.
Im Winter 1954 ließ sie sich auf Capri nieder. Der in Rom lebende Freund, Maler und Schriftsteller Rolf Schott, hatte ihr die Insel empfohlen. In den Fünfzigerjahren war Capri der Sehnsuchtsort vieler Deutscher.
Annette Seemanns "Die Töchter des Zauberers" ist eine vielschichtige Biografie, die eindrucksvoll die Lebenswege von Erika, Monika und Elisabeth Mann schildert. Im Zentrum der Familie stand der Vater, dessen Wohlbefinden und Arbeitsfrieden oberste Priorität hatten. Die Bedürfnisse der Kinder wurden dem untergeordnet, ihre persönliche Entwicklung musste hinter diesen Ansprüchen zurücktreten.
Seemann zeigt eindrucksvoll, wie die drei Schwestern trotz des übermächtigen Schattens ihres Vaters Thomas Mann eigenständige und bemerkenswerte Lebenswege einschlugen. Besonders gelungen ist die differenzierte Darstellung ihrer individuellen Kämpfe und Errungenschaften, die weit über das Dasein als "Töchter des Zauberers" hinausgeht.
Das Buch bietet wertvolle Einblicke für alle, die sich für die Familie Mann und die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts interessieren. Seemann fasst den Druck, dem die Kinder ausgesetzt waren, prägnant zusammen:
„Die sechs Kinder, die in dieser Familie groß wurden, hatten von Anfang an entweder, bei Begabung, mitzuarbeiten oder sich zumindest kooperativ zu verhalten, ohne im jungen Alter wissen zu können, dass dies trotz der vordergründigen Liberalität der Eltern von ihnen verlangt wurde. Denn es wurde den Kindern niemals erklärt.“ (S. 310)
Annette Seemann
Die Töchter des Zauberers
Erika, Monika und Elisabeth Mann
ebersbach & Simon, Berlin Köln
1. Auflage 1024
Arbeit zitieren
Autorin Petra Gleibs, Oktober 2024, Buchvorstellung Die Töchter des Zauberers, Annette Seemann
https://www.lesenueberall.com/annette-seemann-die-t%C3%B6chter-des-zauberers/
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