Autor
Christian Bommarius
Inhalt
Die junge Weimarer Republik im Krisenjahr 1923.
Eckdaten, die das Chaos aufzeigen:
Der Erste Weltkrieg ist beendet und die Weimarer Republik muss den Versailler Vertrag akzeptieren.
Deutschland wird kleiner, wird verpflichtet, die Reparationen zahlen und die "Kriegsschuld" anzuerkennen.
Deutschland kann die regelmäßig vereinbarten Zahlungen nicht einhalten. Frankreich und Belgien besetzen daraufhin das Ruhrgebiet gestützt auf das Londoner Ultimatum.
Es folgen Streiks, die zu einer Hyperinflation führen. Die deutsche Wirtschaft ist durch Produktionsausfälle und Generalstreiks lahmgelegt. Deutschlands Wirtschaft liegt in Scherben.
In Bayern wird am 26. September 1923 der Notstand ausgerufen, nach Gerüchten über einen kommunistischen Umsturz.
„Ende Oktober marschierte die Reichswehr in Thüringen und Sachsen ein und schlug den kommunistischen Aufstand nieder, bevor er überhaupt angefangen hatte.“
Quelle: https://www.spiegel.de/geschichte/notstand-in-bayern-1923-a-951270.html, 09.03.2022
Am 9. November 1923 versucht Adolf Hitler in München zum ersten Mal, politische Macht zu erlangen. Hitler, unterstützt von Ludendorff, setzt den „Marsch nach Berlin“ in Gang. Doch sein „Marsch nach Berlin“ wird an der Feldherrnhalle auf dem Odeonsplatz von der Polizei blutig niedergeschlagen.
Erst 1924 beginnt in Deutschland eine Phase relativer Stabilität. Für die Republik ist es bis 1929 eine Zeit innenpolitischer Ruhe mit wirtschaftlichem Aufschwung und kultureller Blüte. Die "Goldenen Zwanziger" enden mit der im Oktober 1929 beginnenden Weltwirtschaftskrise, in der Armut und Verzweiflung schnell um sich greifen. Mit Erfolg entfesseln die Gegner der Weimarer Republik von rechts und links eine beispiellose Agitation gegen den Staat, der keine Mittel gegen die wirtschaftliche und politische Krise findet.
Neben den politischen Ereignissen pulsierte das Leben.
Berlin im Jahr 1923 eine Weltstadt im Rausch und voller sozialer und politischer Spannungen.
„Im Rausch des Aufruhrs“ werden die verschiedenen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Facetten des Jahres 1923 erzählt.
Sprache und Stil
Kurze Texte ergeben über einen Zeitraum von zwölf Monaten ein bunt gemischtes Bild der Weimarer Republik und Politik, Wirtschaft und Kultur der Zeit.
Fragmentarisch werden über viele Schriftsteller aus der Zeit kurz berichtet, Stefan Zweig, Hans Fallada, Thomas Mann oder auch Bertolt Brecht.
„Joseph Roth traut seinen Augen nicht. Er sitzt im »Romanischen Café« an der Gedächtniskirche, dem angesagtesten Boheme-Kaffeehaus Berlins, also Deutschlands, seit das »Café des Westens« am Kurfürstendamm, auch bekannt als »Café Größenwahn« umgezogen ist und nun von der Boheme verschmäht wird.“ (S. 17)
Politische „Größen“ der Nazizeit sind noch nicht bekannt und leben ganz normal, wie zum Beispiel Goebbels noch bei seinen Eltern in Rheydt lebt.
„Am 2. Januar nimmt der 25 Jahre alte Dr. Joseph Goebbels in einer Filiale der Dresdner Bank in Köln seine Arbeit auf. Allerdings unter Protest. […] Der junge Mann aus Rheydt, der noch immer bei seinen Eltern lebt, fordert vom Schicksal eine Karriere als Schriftsteller oder Journalist.“ (S. 16)
Alltägliche Gegebenheiten werden erwähnt, insbesondere die Inflation in allen Bereichen. Die extreme Steigerung für den Fahrschein der Berliner Straßenbahn führt zur Empörung der Berliner über die „»unersättliche Straßenbahn«.“
„Der Fahrschein für die Berliner Straßenbahn hat am, 16. Juli 3000 Mark gekostet, am 30. Juli 6000 Mark und am 6.. August 10 000 Mark, am 14. August 50 000 Mark und am 2o.August 100 000 Mark.“ (S. 197)
Die extreme Steigerung der Inflation wird an diesem Beispiel überdeutlich.
Christian Bommarius lässt die Leser wie durch ein farbiges Kaleidoskop auf die damalige Gesellschaft blicken, episodenhaft und bunt gemischt.
Die einzelnen Monate werden durch Bilder getrennt, die die Atmosphäre und den Zeitgeist des Jahres widerspiegeln. Jede zweite Seite enthält eine kurze, aussagekräftige Überschrift, die einen Aspekt herausstellt.
Im letzten Kapitel „Was geschah“ gibt der Autor Informationen zu den Personen, die im Verlauf des Romans dargestellt werden.
Das Cover zeigt ein tanzendes Paar in der damaligen typischen extravaganten Kleidung.
Fazit
„Im Rausch des Aufruhrs“ gibt einen lebendigen Überblick über das Leben im Jahr 1923. Christian Bommarius hat mit seinem Buch ein Beispiel gebracht, wie Geschichte anschaulich und fesselnd geschrieben werden kann. Er zeigt das Jahr 1923 in seiner Ambivalenz zwischen Ende der Nachkriegszeit und als Auftakt der Zwanzigerjahre der Weimarer Republik in all seinen Facetten.
„Marcellus Schiffer zweifelt nicht länger: Die Zeit ist verrückt geworden.“ (S. 210)
Kommentar schreiben