Autorin
Susanne Thomas
Inhalt
Die Geschichte spielt in den Niederlanden, im 17. Jahrhundert. Nicolaes Verbeeck lebt mit seiner sechsjährigen Tochter Margriet in Haarlem, einem Vorort Amsterdams. Vier Jahre zuvor verlor er seine Frau bei einem Brand in der alten Wohnstube. Er konnte sie nicht retten, ein brennendes Holzscheit versengte sein Gesicht, als er damals die zweijährige Tochter fest an sich gepresst hielt. Die Schreckensbilder lassen ihn nicht los. Es bleibt ihm die Liebe zu seiner Tochter und die Faszination zu seiner Tulpenzucht. Er züchtet Tulpen aus Schönheit der Pflanzen, mit dem verrückten Tulpenhandel kann er nichts anfangen. Zehn Jahre später ist aus einem sechsjährigen Mädchen eine junge Frau geworden. Margriet verliebt sich in den adeligen Frans und beide wollen heiraten. Doch der Standesunterschied lässt keine Verbindung zu. Frans Familie steckt in Geldnöten und erst als Nicolaes Verbeeck eine Mitgift in Aussicht stellt, stimmt die Familie zu.
Nicolaes lässt sich auf die Spekulationen mit Tulpenzwiebeln ein, um die Heirat seiner Tochter mit Frans zu ermöglichen.
Ist Nicolaes Verbeeck den harten Bedingungen des Tulpenhandels gewachsen?
Sprache und Stil
Die Handlung erstreckt sich über einundzwanzig Jahre von 1620 bis 1641, die in vier Zeitsprüngen aufgeteilt ist.
Prolog: 1620
Kapitel 1: Haarlem, 1630
Kapitel 6: 7 Jahre später
Epilog: Landschaft in der Nähe von Haarlem, Juni 1641
Zwei Handlungsstränge durchziehen die Geschichte. Auf der einen Seite stehen Nicolaes Verbeeck und seine Tochter Margriet, auf der anderen Seite das harte, undurchsichtige Geschäft des Tulpenhandels.
„»[…]. Wer will denn die Tulpen kaufen? Die Leute sind vernarrt. Sie kaufen Tulpen oder die Scheine, nur um sie teuer zu verkaufen. Aber es gibt niemanden, der die Tulpen am Ende auch besitzen will.«“ (S. 188)
Nicolaes hält sich zunächst von dem Tulpengeschäft zurück. Er ist leidenschaftlicher Gärtner bei der wohlhabenden Familie van der Gheest. Mit Begeisterung züchtet er Tulpen und hat eine ganz besondere Züchtung hervorgebracht. Für ihn sind Tulpen Kunstwerke der Natur, die nichts mit Geldanlagen zu tun haben. Erst als seine Tochter sich in Frans verliebt, ändert er seine Einstellung, um seiner Tochter die Heirat zu ermöglichen. Sein bisheriges Leben verändert sich schlagartig.
„Nicolaes hatte das Beet, welches den weniger wertvollen Dubletten und Nachzüchtungen seiner Sammlung vorbehalten war, in weiten Teilen geplündert.“ (S. 157)
Der Roman überzeugt durch eine ausgeprägte, vielfältige und reichhaltige Sprache. Kurze Sätze, Formulierungen, Vokabular der Zeit angepasst wechseln mit Dialogen ab.
“»Was ist dir, mein Grietje? So still? Hast du nicht wohl geschlafen?«“ (S. 39)
Susanne Thomas nutzt zusätzlich ein besonderes Stilmittel: eine bildliche Beschreibung. Sie stellt Szenen als Bildkompositionen dar, wie Gemälde von Rembrandt, Vermeer oder anderen Malern der damaligen Zeit. Es entsteht der Eindruck einer Regieanweisung für ein Drama, das zunächst eine kurze Beschreibung der Szene enthält, um dann mit dem eigentlichen Dialog fortzufahren. Der Leser bekommt den Eindruck, einem Theaterstück zu folgen.
„Das andere Bild gleichmäßig durch das Kunstlicht dreier mehrarmiger Kandelaber ausgeleuchtet, die auf dem zentralen Esstisch platziert sind. Hinter der Tafel, mittig angeordnet und den Betrachter in strenger Symmetrie anblickend, präsentiert ein adliges Paar. […] Zur linken Seite des Tisches sitzt ein weiterer, wesentlich jüngerer Mann, der die Symmetrie der Bildkomposition auffallend stört.“ (S. 87)
Nach einer ausgiebigen Beschreibung beginnt dann wieder ein Dialog.
„In einer plötzlichen Anwandlung fuhr Frans hoch.
»Ihr könnt mich nicht zwingen, Mijnheer!«“ (S. 88)
Der Aufbau des Romans bekommt mit der Aufteilung Prolog – Kapitel – Kapitel – Epilog und der bildlichen Beschreibung, die einer „Bühnenanweisung“ gleicht, ein Format eines offenen Dramas, denn das Ende bleibt bei einem Handlungsstrang offen.
Diese interessante Mischung aus Roman und Dramaturgie bestimmt die Erzählung und vermittelt spannende und auch mit historischen Hintergründen belegte Ereignisse. Ein kleiner Blick des zeitgenössischen sozialen Milieus wird offengelegt. Die Rolle der Frau und auch die Macht der Religion wird thematisiert. Klassenunterschiede werden durch Frans und Margriet deutlich. Die Hugenottenverfolgung in Frankreich im 16./17. Jahrhundert wird mit der Figur von Jacques symbolisiert.
Das Cover zeigt eine tiefrot gefärbte Tulpe auf schwarzem Hintergrund. Die Schrift des Titels sticht ebenfalls in Rot hervor. Insgesamt vermittelt das Titelbild eine dunkle, geheimnisvolle Grundstimmung.
Fazit
In Zeiten des Tulpenwahns erzählt eindrucksvoll die holländische Tulpenmanie der 1630er Jahre. Es zeigt nicht nur, wie durch riskante Spekulationen der Markt für Tulpenzwiebeln aus dem Gleichgewicht geriet, sondern auch wie Menschen daran zerbrechen können. Wie bei einem Dominoeffekt geraten unendlich viele Schicksale ins Strudeln bis sogar der Tod sie einholt.
Doch was folgt nach dem Tulpenwahn? Bis heute hält die Sucht nach Schönheit und Reichtum an. Nicht nur bei den Tulpen.
„Die Sehnsucht nach Schönem treibt immer neue Blüten. Der Tulpenwahn, der 1636/37 in Holland seinen Höhe- und Wendepunkt erlebte, ist nur eine davon.“ (S. 234)
In Zeiten des Tulpenwahns
Susanne Thomas
Erscheinungsdatum 26.3.2021
Ruhland-Verlag, Bad Soden, 2021
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