Autorin
Susanne Abel
Susanne Abel stammt aus einem badischen Dorf an der französischen Grenze, arbeitete bereits mit 17 Jahren als Erziehungshelferin und später als Erzieherin. Nach einer Ausbildung zur Puppenspielerin landete sie über den Weg des Theaters beim Fernsehen. Sie schloss ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin ab und realisiert seither als Autorin und Regisseurin zahlreiche Dokumentationen fürs Fernsehen. Die Autorin lebt und arbeitet in Köln.
Quelle: 2021 dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
»Geschichte, wie bitter sie auch sein mag, ist Realität, die täglich in unserer Gegenwart und die in unsere Zukunft fortwirkt.«
Willy Brandt in einer Rede in Jerusalem am 7.Juni 1973 (S.7)
Inhalt
Greta Monderath ist 84 Jahre alt und zunehmend dement. Ihr Sohn Tom Monderath, ein bekannte Kölner Nachrichtenmoderator, macht sich Sorgen um seine Mutter, die immer mehr vergisst. Doch das Vergessen bringt auch Momente der Erinnerung hervor. In ihren klaren Momenten erfährt Tom mehr aus ihrem Leben. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Ostpreußen. Im Kriegsjahr 1945 begann ihre Vertreibung und die Familie flüchtete vor den russischen Soldaten im eisigen Winter. Das Ziel der Familie bei ihrer Flucht waren Verwandte in Heidelberg. Durch Zufall stößt Tom auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut.
Als seine Mutter das Foto sieht, verstummt sie. Nun beginnt Tom sich eingehend mit der Familiengeschichte auseinanderzusetzen. Er recherchiert und erfährt bald mehr über die Herkunft des Kindes und dessen Zusammenhang mit seiner Familie.
Heidelberg bedeutet einerseits Rettung, aber auf der anderen Seite viel Leid. Greta findet zunächst ihr Glück mit Bob, einem amerikanischen GI. Doch das Glück ist nicht von Dauer.
Ihr Vater kommt aus der russischen Gefangenschaft nach Hause und entwickelt sich zum Tyrannen. Greta wird schwanger und flieht vor ihrem tyrannischen Vater aus der elterlichen Wohnung. Sie kann für ihre Tochter Marie nicht alleine sorgen und muss sie daher schweren Herzens in ein Waisenhaus abgeben. Es beginnt die schrecklichste Zeit für sie. Ein Besuchsrecht für ihre Tochter wird ihr verwehrt, von Menschen wird sie gemieden. Bob reist nach Amerika, um Formalitäten zu klären. Aber er kommt nicht mehr zurück nach Heidelberg.
Für Greta bricht die schwierigste Zeit an. Sie hat alles verloren und zerbricht fast daran.
Hintergrund der Geschichte
Bereits der Titel nimmt Bezug auf das Fraternisierungsverbot. Die amerikanischen Soldaten sollten sich von deutschen Frauen fernhalten. Doch hier beginnt die Geschichte von Robert und dem GI Robert. Es beginnt eine Liebe, die es nicht geben durfte. Es ist auch eine verbotene Liebe, weil er afroamerikanisch ist.
Heidelberg blieb im Zweiten Weltkrieg weitgehend unzerstört. Nach Kriegsende wurde Heidelberg von den amerikanischen GIs besetzt, die sich den Deutschen gegenüber aufgeschlossen und hilfsbereit verhielten. Aber nähere Kontakte waren verboten. Die Amerikaner erließen das Fraternisierungsverbot.
„Während der Besatzungszeit galt das Fraternisierungsverbot. Es untersagte in der Besatzungszeit die Zusammenarbeit von Soldaten mit feindlich gesinnten Kriegsparteien oder zwischen Besatzungssoldaten und der einheimischen Bevölkerung.“
vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Fraternisierung_(Krieg)
Fast 70 Jahre waren afroamerikanische Soldaten und ihre Familien in Heidelberg stationiert, mit ihrer amerikanischen Lebensweise und Kultur haben sie große Teile der Stadt mitgeprägt.
Sprache und Stil
Die Autorin schreibt einfühlsam und spannend eine bewegende und gut recherchierte Geschichte. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Greta Monderath.
Der Roman „Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“ von Susanne Abel findet auf zwei Zeitebenen statt.
Susanne Abel nimmt aktuelle Ereignisse wie Krieg, Flucht, Vertreibung und auch die Rassenproblematik in ihrer Geschichte auf und verbindet diese auf der historischen Ebene des Romans. Und auch der Umgang der Deutschen mit sogenannten „Brown Babys“ wird aufgezeigt.
Ihre Charaktere bildet sie authentisch ab, wobei sie bei der Erkrankung von Greta persönliche Erfahrungen mit einfließen lässt. (vgl. S. 518 und 526)
In der Nebenhandlung verdeutlicht die Autorin, was Demenz bedeutet, wenn Gretas langsames Vergessen und ihr Eintauchen in die Vergangenheit zum Ausbruch kommt. Auch die Schwierigkeiten im Umgang mit der Krankheit für die Angehörigen werden im Roman thematisiert.
Eine ausführliche Recherche zu diesem Buch und die Quellenangaben am Ende runden den Roman ab.
Die Cover zeigte zwei Menschen in schwarz-weiß von hinten, die schnell in die die Ferne gehen. Es passt sehr gut zum Inhalt und ergibt einen perfekten Gesamteindruck.
Fazit
»›Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten‹, soll August Bebel gesagt haben.“ (S. 11)
Ein fesselnder und gut recherchierter Roman, der ein Stück Geschichte der deutschen Nachkriegszeit beschreibt und näherbringt.
Lesenswert.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei dtv Verlagsgesellschaft für das Rezensionsexemplar!
Susanne Abel
Stay Away from Gretchen
Eine unmögliche Liebe
dtv Verlagsgesellschaft, 18. März 2021
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